Die Erkenntnisse - 7 Thesen II
Vierte Erkenntnis:
Es ist für den erwachsenen Klienten schädlich, ihm die Verantwortung für sein gegenwärtiges Verhalten abzusprechen und die Schuld auf die frühen familiären Beziehungs- und Erziehungserfahrungen oder personalisiert auf die Eltern und Geschwister zu schieben. Dieser Entlastungsvorgang mag manchem Klienten vorübergehend helfen. Auf die Dauer erweist sich aber diese Verschiebung der Verantwortung - die therapeutische Infantilisierung - als nicht förderlich. Sie lenkt den Klienten von der für ihn wichtigen Selbstverantwortung ab, schwächt ihn also in seiner Selbststeuerung und Selbstgestaltung.
Fünfte Erkenntnis:
Die gegenwärtigen Lebensschwierigkeiten des Klienten hängen mit einem aktuellen zentralen emotionalen Syndrom gestörter Aktivation zusammen. Die bei der Gruppe der psychisch verwundbaren Personen konstitutionell vorgegebene oder durch den Druck kritischer Ereignisse erworbene emotionale Labilität entläßt aus sich eine erhöhte Angstbereitschaft und Unsicherheit (LAU-Syndrom). Die Therapie muß sich darauf konzentrieren, dieses Syndrom aufzulösen und das Vakuum durch den schrittweisen Aufbau von Selbstsicherheit auszufüllen. Den Zuwachs an Selbstwertgefühl und Kompetenz kann nur der Klient selbst erreichen, allerdings unter dem Lernbeistand des Therapeuten.
Sechste Erkenntnis:
Weder die Einsicht noch die Verarbeitung wirklicher oder vermeintlicher Vergangenheitsursachen, sich darauf beziehender Erinnerungen und Träume können dem Klienten helfen; sie lenken ihn nur von seiner Aufgabe ab und bedeuten eine Vergeudung von Zeit und Geld. Die Verarbeitung muß sich auf die gegenwärtig wirksamen Stützursachen des Leidens beziehen. Um diesen Zusammenhang einzusehen, bedarf der Klient einiger Informationen. Er kann nicht direkt seine innere Gefühlslage angehen, etwa, daß er sich willentlich vornimmt, keine Angst und Unsicherheit mehr zu haben. Sein Leiden würde sich bei diesem Vorgehen nur verschlimmern.